urlaubserinnerung
 

die sonne glüht im abendrot,
der himmel färbt sich düster,
ich sitz bloß da und sag kein wort,
wag' nicht einmal zu flüstern.

ich horche auf das meeresrauschen,
in mir wird es ganz still,
seh' weiße schaumwölkchen sich bauschen
auf den kleinen wellen.

ein fischerboot schaukelt am horizont,
ober mir ziehen möwen kreise,
ein pärchen spaziert über den strand,
sie unterhalten sich leise.

es kommt mir vor, als würd' ich träumen,
minuten werden ewigkeit,
ich habe nichts mehr zu versäumen,
die zeit wird zur unendlichkeit.

doch plötzlich werd' ich munter
ich schau die klippen runter,
seh' tote vögel im sand
und teerklumpen am strand,
seh' plötzlich all den mist,
den jemand liegen ließ:
ein ölfass unter palmen,
dosen unter grauen halmen,
die längst zu leben aufgehört -
der mensch hat alles hier zerstört!

auch mit der stille ist's vorüber,
ich blick' zum trüben meer hinüber;
jedes rauschen ein leises klagen:
"komm' her, ich will dir etwas sagen!
jeder tropfen in mir ist eine träne
von toten, die sich nach leben sehnen,
von fischen, krebsen und delphinen,
von muscheln, vögeln und den vielen
andern, die ihr umgebracht!
warum habt ihr das bloß gemacht?"

so steh' ich da, bewegungslos,
die wut in mir wird riesengroß,
am liebsten würde ich laut schrei'n:
"wie konntet ihr bloß so sorglos sein?"
doch die angst schnürt mir die kehle zu
und lässt meiner seele keine ruh'.
da donnert ein flugzeug laut heran,
jetzt lauf' ich, lauf', so schnell ich kann,
und fühl' doch, dass es kein entrinnen gibt:
dummheit hat die vernunft besiegt!

es kommt mir vor, als würd' ich träumen,
minuten waren ewigkeit.
wie konnten wir so viel versäumen
in dieser endlos langen zeit?


© e.m. florian | 06.1991